Wenn du mich fragst, was ich mit dem roten Faden in meinem Leben verbinde, dann erwarte keinen Monolog dazu, was ich unter einem solchen verstehe. Oder welcher sich wieso und ausgehend von welchem Knäuel, in welcher (Stoff)Qualität wie windet, bis ich am Ende meines Lebenslabyrinthes – wo auch immer stehend – angekommen bin.

Und erst dann weiß, ob ich ihn wirklich noch in meinen Händen halte, den roten Faden.

Ob er mich aus den Irrungen und Wirrungen dieses lebenstechnischen SackgassenGartens heraus oder eigentlich nur noch tiefer in dessen undurchdringliches Dickicht hineingeführt hat.

Ob ich ihn vielleicht – bewusst oder unbewusst, mehr oder weniger (un)freiwillig – losgelassen und (nicht) wiedergefunden habe.

Ob er mir aus der Hand geschlagen wurde, irgendwann, irgendwo (ir)reparabel zerrissen oder (nicht) auf Dauer verloren gegangen ist.

Und ob ich zu guter Letzt am Ausgang oder wieder am Eingang meines LebensIrrgartens herausgekommen bin oder mittendrin auf ewig festgesessen habe.

Solche Gedankengänge erwarte bitte nicht, wenn du mich fragst, was ich mit dem roten Faden im Leben verbinde.

Denn der für mich richtige Faden, der mich – mehr oder weniger erfolgreich – durch mein Leben führt, den ich schon des Öfteren verloren und dann irgendwann, irgendwie, irgendwo wiedergefunden habe, der mich begleitet, auch wenn er gelegentlich reißt und – angesichts meiner beschränkten handarbeitstechnischen Fähigkeiten – erkennbar, provisorisch, unprofessionell, aber wirkungsvoll und haltbar – geflickt, zusammengeknotet und wiederaufgenommen wird,

dieser Lebensfaden ist nicht rot.

Er ist grün.

Grün – wie das satte, saftige, vom Sommerregen nasse, frisch geschnittene, duftende Gras einer Wiese – irgendwo in der unendlichen Weite der unberührten, herrlichen schottischen Highlands.

Kraftgebend, sorgenfrei. Lebensspendend für Mensch und Tier. Wie das Chlorophyll der Pflanzen, das sie zur Photosynthese brauchen und dem wir unsere reine Atemluft (mit)verdanken.

Grün – wie die Farbe der Gerechtigkeit, weil für mich als 70iger Jahre Kind – old school – die Polizei Grün trägt und fährt.

Grün – wie die leckerste Sorte Esspapier oder Wassereis oder wie eine eiskalte Waldmeisterbowle am Lagerfeuer.

Ausdruck von Genuss, Leben, Lebensfreude eben.

Und Ausdruck der Hoffnung, dass alles gut wird, dass immer etwas geht, dass immer Hoffnung besteht.

Grün – wie Hoffnung auf Hoffnung.

Grün – die Farbe meines Lebensfadens ist grün.

Nach der musst du mich fragen, wenn du mich über mein Leben philosophieren oder nachdenken lassen möchtest.

Frag mich also einfach nach dem grünen Faden in meinem Leben.

Aber bitte nicht nach dem roten.

Im Übrigen frage ich mich bei dieser Gelegenheit, welche Farbe wohl deiner hat und warum? Ist er wirklich rot, dein Lebensfaden?

Der rote Faden im Leben.

Mein Lebensfaden ist nicht rot.

Mein Lebensfaden ist grün.

Und deiner?


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