Es regnet. Bindfäden und das seit Tagen. Genauer gesagt seit 3 Tagen. Pünktlich zu meinem Sommerurlaubsbeginn hat es angefangen. Und soll – laut Prognose – auch pünktlich zu dessen Ende erst aufhören. Verregneter Sommer, trüber Urlaub, trüb-verregnetes Leben. Mein Leben. Immer wieder wolkenverhangen und trist. Wahrscheinlich ist das der wahre rote oder eher graue Faden in meinem Leben und nur an seinen losen Enden scheint gelegentlich die Sonne. Nur dumm, dass ich es in meinem bisherigen Leben noch nie bis zu einem dieser sonnigen Punkte gebracht habe, denke ich, schlürfe an meinem viel zu heißen Kamillentee und verbrenne mir mal wieder den Mund an diesem. Tränen schießen mir in die Augen, vermischen sich vor diesen mit den Regentropfen, die an meinem Küchenfenster entlangrinnen. Alles nass, traurig, deprimierend, denke ich und bedauere mich in meinem grenzenlosen Selbstmitleid einmal mehr zutiefst selbst. Mein Lebensfaden ist grauer und filigraner als der Faden deines Netzes, sage ich zu Weberhard, meiner aktuellen, haarigen, 2 Knopf großen Hausspinne, die sich just in diesem Augenblick an einem ihrer Fäden direkt vor meiner Nase von der Decke abseilt. Weberhard. Mein einziges Haustier, mein einziger Gefährten und aktuell vielleicht sogar mein einziger Freund. Papperlapapp, antwortet dieser ur-plötzlich, so dass mir vor Schreck beinahe die inzwischen leere Teetasse aus den Händen fällt, Da, wieder, papperlapapp. Was soll das heißen, papperlapapp, frage ich und wundere mich, dass ich mir dabei nicht selbst verrückt vorkomme. Zwiegespräch mit einer gemeinen Spinne. Spinne ich jetzt etwa ganz, frage ich mich halblaut. Nö, sagt Eberhard, du hörst nur endlich einmal dir selber zu. Hör auf dich zu beklagen und fang an mit deinem Lebensfaden etwas anzufangen, zu erschaffen und zu gestalten, ohne auf die Enden zu schauen, die es nicht gibt. Du bist der Weber deines Lebensnetzes, vergiss es nicht und jetzt wach endlich auf und hör auf dich selbst zu bedauern. In diesem Moment fällt mein Kopf vornüber und ich werde wach. Es regnet nicht mehr, die Sonne scheint. Weberhard baumelt noch immer vor mir und zwinkert mir zu. Echt jetzt, frage ich ihn und mich und dann beschließe ich, endlich mein Leben neu anzugehen. Danke, Weberhard.
Alle auf dieser und den folgenden Seiten verwendeten Texte und Fotografien sind urheberrechtlich geschützt. Solltest Du diese oder Teile hiervon verwenden wollen, wende Dich bitte an die Autorin – anja@gezittert-gereimt.de – ein Text von Anja Allmanritter, Koblenz