Kreatives Schreiben

Kleine Einführung in die Welt des Kreativen Schreibens

Schule, Gedichte und Aufsätze – war das auch immer ein „ganz spezielles Thema“ für Dich oder ist es das vielleicht noch immer?

Ich habe schon immer gerne gelesen und geschrieben, auch wenn ich die „natürlichen Zwänge“ des Schulsystems sicher nur allzu gut kenne.

Umso erstaunter war ich und bin es noch immer, wie anders das sogenannte „Kreative Schreiben“ mit dem Verfassen und Gestalten von Texten und Gedichten umgeht. Seit ich Anfang 2021 erstmals in Kontakt damit gekommen bin, habe ich viele interessante Erfahrungen in unterschiedlichen Schreib-Workshops und Gruppen machen dürfen, die meine Sicht auf viele Dinge, auch auf meine eigene Art zu schreiben, sehr verändert haben.

Das fängt mit der Grundidee des „einfach darauf Losschreibens“ auf einen vorgegebenen Impuls (ohne ein Thema zuvor zu „Durchdenken“) an – getreu dem Motto „Erster Impuls gleich bester Impuls“, geht über die intensive Erfahrung des eigenen und des Fremd-Erlebens des Schreibens in Gruppen und dem sich anschließenden Vorlesen und endet mit dem Erlernen neuer Text- bzw. Gedichtformen.

Ich persönlich mag diese besondere Art des Schreibens mittlerweile sehr und möchte Dir kurz einige Informationen hierzu an die Hand geben, wie ich das Ganze verstehe und kennengelernt habe, weil sich dann ggfs. manche Texte, die Du von mir liest, besser verstehen oder nach ihrer Struktur, Form oder ihrem Inhalt leichter einordnen lassen.

Und wer weiß, vielleicht fühlst Du Dich ja davon auch so angesprochen, dass Du es selbst einmal mit dem „Kreativen Schreiben“ versuchen möchtest.

Was? Du glaubst, dass Du das nicht kannst? Natürlich kannst Du das – es geht ganz einfach:

Hinsetzen, Stift und Papier (oder wie in meinem Fall PC, Maus oder Sprachprogramm) nehmen und den Gedanken, die „raus möchten“, freien Lauf lassen.

Ich bin sicher, Du wirst erstaunt sein, was für tolle Texte dabei entstehen und wieviel Du über Dich bei dieser Gelegenheit erfährst – darum: probier’s doch einfach mal …

… und jetzt auf die Schnelle noch zu den sog. „SoPs“ und anderen seltsamen Begrifflichkeiten …

2. „… und jetzt schreiben wir – Ihr wisst schon, ein SoP“ – als ich bei meinem ersten Schreibworkshop diese Ansage hörte, verstand ich nur „Bahnhof“.

„SoP – häh, klingt wie Seife (Soap) ohne „a“, soll ich jetzt englisch schreiben, oder was?“, fragte ich mich.
Die Erklärung für mich als Neuling kam umgehend:

„SoP – das heißt Schreiben ohne Pause und ist auch so gemeint. Stift nehmen, schreiben, nicht absetzen, nicht innehalten, nicht zurück lesen oder korrigieren, nicht von Schreibblockaden stören lassen, diese ggfs. mit Sätzen wie Mir fällt gerade nichts mehr ein, lalala, das gibt es doch gar nicht, wieso … überbrücken und einfach dem ersten Impuls folgend schreiben, schreiben, schreiben – bis die vorgesehene Schreibzeit vorbei ist und dann sehen, was dabei entstanden ist“ – so lautete die Ansage der Kursleiterin.

Was mir zunächst äußerst merkwürdig vorkam, gehört heute für mich ganz selbstverständlich zu den Schreibzeiten dazu und ist längst zur Quelle einer Vielzahl meiner Texte und Gedichte geworden, die ich in der Regel nicht oder nur noch unwesentlich ändere oder ergänze, nachdem ich sie geschrieben habe.

Wirklich erstaunlich, was durch diese Art des freien Assoziierens, also indem ohne feste Absicht, ohne Ziel und ohne verstandsmäßige Kontrolle des Geschriebenen direkt mit dem Schreiben eines Textes begonnen wird, für wundervolle Geschichten entstehen.

Eine Sonderform der SoPs sind die sog. Miniaturen, die als Mini-SoPs in ganz kurzen Schreibsequenzen entstehen. Diese dauern meist nur 3-5 Minuten und werden von 1 oder 2 weiteren Miniaturen aus demselben Themenkreis, aber unter einem neuen Gesichtspunkt, ergänzt.

Daneben wird geCLUSTERt, das heißt, freie Assoziationsketten werden, ausgehend von einem zentralen Begriff, gebildet,

Auch Fantasiereisen werden als Anregung oder Impuls für das Erfinden eigener Geschichten benutzt, Vorstellungen von Gerüchen, Geschmäckern, Wetterlagen, Farben, Orten, Landschaften oder Oberflächenstrukturen werden als Assoziationshilfe herangezogen. Über Schreibspiele werden anregende Vorgaben für einen Text gemacht, z.B., indem jedes im Text verwendete Wort einsilbig sein oder mit einem feststehenden Buchstaben beginnen muss oder indem bestimmte, festgelegte Worte zwingend im Text enthalten sein müssen. Es gibt Scrabble, die, in Anlehnung an das gleichnamige Spiel, eine besondere Form des Clusters darstellen. Daneben inspirieren serielle Texte in besonderer Weise, indem jeder Satz denselben – vorgegebenen oder freien – Anfang hat.

Du siehst, der Fantasie sind beim „Kreativen Schreiben“ keine Grenzen gesetzt.

Das zeigt sich auch in verschiedenen Gedichtformen, die so gar nichts mit „klassischen“ Gedichten zu tun haben, bei denen Versmaß und sich reimende Endungen keine Rolle spielen.

Zu diesen Exoten gehören zum Beispiel:

HEUTCHEN – DIABOLO – HAIKU – RONDELL – ELFCHEN – ZEVENAAR

Dazu sagt meine Kursleiterin (liebe Grüße an dieser Stelle 😊) im Einzelnen:

Heutchen:

Kurzgedicht mit 5 Zeilen

Schwerpunkt: Selbstwahrnehmung

Aufteilung der Zeilen nach:

  1. Heute bin ich …       2. Sinneseindruck     3. freier Satz            4. Sinneseindruck      5. Ich …

Beispiel:

Heute bin ich ganz entspannt.

Ich genieße die wärmende Sonne auf meiner Haut.

Für mich könnte ewig Sommer sein.

Die Pollen der Wiesenblumen kribbeln lustig in meiner Nase.

Ich fühle mich wohl mit mir.

Diabolo:

ein Kernbegriff in der Mitte

5-4-3-2-1-2-3-4-5 Worte

Beispiel:

Suchen finden gefunden werden Glückseligkeit

Begegnungen Gemeinsamkeiten Auszeiten Liebe

Sehnsüchte Hoffnungen Pläne

Wünsche Träume

Menschen

Ängste Sorgen

Gestern heute morgen

Gier Selbstzweifel Hoffnungslosigkeit Not

Hassen Quälen Krieg Verzweiflung Tod

Haiku:

japanisches Kurzgedicht

3 Zeilen mit 5; 7; 5 Silben

keine Überschrift und kein Reim

wahrnehmen, von dem was ist, der äußeren Welt

Beispiel:

Son-nen-un-ter-gang

Glut-ro-ter-A-bend-him-mel

Die-Nacht-bricht-he-rein

Rondell:

8zeiliges Gedicht

aus 5 verschiedenen Sätzen:

  1. A     2. B     3. C     4. A      5. E      6. F      7. A       8. B

Beispiel:

Sonnenuntergang am Meer.

Der Himmel brennt.

Muscheln überall im Sand.

Sonnenuntergang am Meer.

Kühles, klares Wasser umspült meine nackten Füße.

Frieden und Ruhe umgeben mich.

Sonnenuntergang am Meer.

Der Himmel brennt.

Elfchen:

  • Wörter in 5 Zeilen:
  1. Zeile – 1 Wort; 2. Zeile – 2 Wörter; 3. Zeile – 3 Wörter; 4. Zeile – 4 Wörter; 5. Zeile – 1 Wort

Beispiel:

Liebe

Suchen finden

Verlieben Vertrauen Verzeihen

Erhofft ersehnt verspielt verloren

Manchmal

ZEVENAAR:

Formgedicht – 7zeilig (zeven = Niederländisch: sieben)

aufgeteilt nach:

  1. Ort und / oder Zeit
  2. Ich … + Handlung
  3. eine Frage
  4. ein Detail
  5. Detail noch näher betrachten
  6. Wiederholung der 1. Zeile
  7. Wiederholung der 2. Zeile

Beispiel:

Heute, gestern, morgen, überall und nirgendwo.

Ich und Du, wir gehen zusammen alleine.

Wohin führt der Weg?

Er führt nach oben, unten, links und rechts.

Anfang und Ende liegen in Gottes Hand.

Heute, gestern, morgen, überall und nirgendwo.

Ich und Du, wir gehen zusammen alleine.

Alle auf dieser und den folgenden Seiten verwendeten Texte sind urheberrechtlich geschützt. Solltest Du diese oder Teile hiervon verwenden wollen, wende Dich bitte an die Autorin anja@gezittert-gereimt.de – Texte von Anja Allmanritter, Koblenz

Weitere Beispiele zu all dem gefällig?
Schau einfach unter meinen „Gedankensplitter“, unter „UnGereimtheiten“ oder „Poems and more“, was du entdecken kannst!

… übrigens gibt es mittlerweile an vielen (Volks-)Hochschulen und auch sonst fast überall bei privaten Schreibcoaches tolle Angebote zum „Kreativen Schreiben“ … – falls ich Dein Interesse daran geweckt haben sollte 😉 …

– ANJA ALLMANRITTER –

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